Weibliche Genitalverstümmelung
Wir erhalten immer wieder Fragen zu der sog. FGM (weibliche Genitalverstümmelung), auch Beschneidung genannt. Dieser in den türkisch-islamischen Regionen vom Balkan bis nach China unbekannter Brauch stammt aus Afrika und Arabien.
Auf die vielen, mit Recht von Unverständnis und Besorgnis geprägten, Fragen hier nun eine umfassende Antwort. Die Frage wurde uns beantwortet von Prof. Dr. Hayrettin Karaman (Marmara Universität (Istanbul) und Islamic University of Europe (Rotterdam) Autorität für islamische Rechtswissenschaft (Fiqh):
„Im Jahre 2006 haben Autoritäten der Al-Azhar Universität zusammen mit Wissenschaftlern aus verschiedenen Fachgebieten die Beschneidung von Mädchen aus medizinischer und theologischer Sicht untersucht und kamen zum Schluss, dass diese „keine religiöse Pflicht“ sei. Sie äußerten sich des Weiteren wie folgt:
Diese Operation war von manchen Gesellschaften seit frühen Zeiten angewendet worden in der Meinung, diese bedeute eine Aufwertung der Frau. Zu der Zeit der Geburt des Islam wurde sie auch in Arabien durchgeführt. Der Prophet hat die „Beschneidung von Frauen“ nicht befohlen, sie auch nicht unterstützt oder gefördert. Die Beschneidung ist sehr problematisch für die Frauen und entfernt ein für die Frauen nützliches und wertvolles Organ. Deshalb sollte die Durchführung in den Ländern, in denen sie vorgenommen wird, vom Staat verboten und das Volk sollte aufgeklärt werden.
Die anerkannte Autorität Yusuf al-Qaradawi hat sich auf seiner Webseite mit der Beschneidung der Frauen befasst. Er hat das Gebot (Hukm: Rechtsentscheid) in allen Quellen der İslamischen Rechtswissenschaft (Koran, Sunna, Idschma [Konsensus], Qiyas [Analogieschluss]) untersucht und hat festgestellt, dass diese Praxis im Koran nicht vorhanden ist und ein Teil der entsprechenden Überlieferungen (Hadith) zu schwach sind, um als Beweis verwendet zu werden, die echten (sahih) Überlieferungen jedoch keine religiöse Notwendigkeit oder Empfehlung beinhalten. Diese Praxis würde die Frauen sehr verletzen, dazu sei dies eine Entstellung und Beschädigung der ursprünglichen, normalen Schöpfung, was religiös verboten ist. Er hat die betreffenden Autoritäten aufgerufen, diese Operation zu verbieten.
Ich kam bei meinen Untersuchungen zum gleichen Ergebnis und habe auch schon geschrieben, dass die Beschneidung von Frauen eine alte Tradition ist und kein religiöses Gebot oder eine Verpflichtung (Fard, Wâdschib, Sunna). Da sie den Frauen großen Schaden zufügt, muss sie unbedingt verhindert werden. Der Prophet soll sich in einer nicht gesicherten Überlieferung wie folgt geäußert haben: „Die Beschneidung (Hitân, Sunna) ist für die Männer Sunna, für die Frauen jedoch eine Praxis, die wegen der ihr gegebenen Wertschätzung in der Gesellschaft durchgeführt wird.“ Es ist offensichtlich, dass diese Durchführung schädlich ist; sie kann auch nicht mehr mit „einer Erhöhung des Wertes der Frauen“ in Verbindung gebracht werden. Die Beschneidung von Frauen und Mädchen hat deshalb nichts mit dem Islam zu tun, und da sie Schaden zufügt, ist es eine religiöse Pflicht, sie zu verhindern.“
Eine deutsche Übersetzung der Fatwa von Kairo (2006), das arabische Original sowie weitere Informationen zu diesem Thema auf der Webseite TARGET - Rüdiger Nehbergs Menschenrechtsorganisation: www.target-human-rights.com.
http://derletzteprophet.info/fragen-zum-propheten/antworten-vom-experten-beschneidung-von-frauen-fgm (24.08.13)