Zuflucht im Gebet

Das Gebet als exzellenteste Form von Gottesdienst ist gleichzeitig auch die beste Art, Zuflucht bei Allah zu suchen. Deshalb sollte man, wenn man in irgendeiner Weise von Schwierigkeiten, Problemen, Heimsuchungen, Leid oder Schmerz betroffen ist, sich sofort dem Gebet zuwenden. Dies entspricht dem Verhalten des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, von dem überliefert wird, dass er dies immer wieder praktiziert hat.

Hudhaifa – möge Allah mit ihm zufrieden sein – berichtete:

„Wann immer sich der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – einer Schwierigkeit gegenüber sah, pflegte er sich dem Gebet zuzuwenden.“[1]

Und Abû Dardâ – möge Allah mit ihm zufrieden sein – sagte:

„Wenn ein Sturm aufzog, begab sich der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – in die Moschee und blieb dort, bis er vorbei war. Ebenso suchte er beim Eintreten von Mond- oder Sonnenfinsternis sofort Zuflucht im Gebet.“

Auf die Mond- oder Sonnenfinsternis wollen wir hier etwas näher eingehen. Am Tag als Ibrahim, der Sohn des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – starb, gab es eine Mondfinsternis. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden Ereignisse sagten einige der Gefährten:

„Der Mond hat sich wegen des Todes des Sohnes des Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – verfinstert.“

Doch der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – widersprach dem, indem er sagte:

„Weder der Mond noch die Sonne verfinstern sich wegen des Todes oder der Geburt eines Menschen.“[2]

Andererseits fragte Asma, die Tochter Abû Bakrs einmal ihre Schwester ´îscha – möge Allah mit ihnen allen zufrieden sein – während einer Sonnenfinsternis:

„Ist dies ein Zeichen göttlicher Strafe oder des Herannahens des Jüngsten Tages?“

Woraufhin ´îscha mit einem klaren „Ja!“ antwortete.

Und ´Amr ibn ´Âs – möge Allah mit ihm zufrieden sein – wusste Folgendes zu berichten:

„Einmal hatte sich die Sonne verfinstert. Allahs Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – begann das Gebet und blieb so lange stehen, dass wir dachten, er werde sich niemals verneigen. Schließlich verneigte er sich, doch er verharrte so lange in der Verneigung, dass wir dachten, er würde sich nie mehr aufrichten. Dann blieb er so lange in der Niederwerfung, dass wir dachten, er werde sein Haupt nie mehr daraus erheben. Als er dann sein Haupt erhob, blieb er so lange sitzen, dass wir dachten, er würde nie wieder zurück in die Niederwerfung gehen und als er sich dann niederwarf, verharrte er wieder so lange in der Niederwerfung, dass wir dachten, er werde nie mehr sein Haupt erheben, bis er schließlich sein Haupt erhob. Und die zweite Gebetseinheit (Raka´a) verrichtete er in gleicher Weise. Während der Niederwerfung weinte er. Dann rief er zu Allah: ‚O mein Herr, hast Du nicht versichert, dass Du sie nicht strafen wirst, solange ich unter ihnen weile? Hast Du nicht versichert, dass Du sie nicht strafen wirst, solange sie Dich um Vergebung bitten?’ Die Sonnenfinsternis war zu Ende und die Sonne schien bereits wieder, als der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – sein Gebet beendet hatte.“[3]

Wie diese Berichte zeigen, ist die Sonnenfinsternis mehr als nur ein gewöhnliches Naturereignis. Sie erinnert uns an die majestätische Herrlichkeit und göttliche Allmacht Allahs. Gleichzeitig ist sie eine himmlische Warnung und ein Zeichen, das auf das unausweichliche Ende der Welt hinweist. Denn wenn sich der Himmel plötzlich am Tage verdunkelt, zeigt uns dies, wie sowohl der Mond als auch die Sonne sich dem göttlichen Befehl Allahs beugen und vermittelt uns gleichzeitig etwas von der Atmosphäre des Jüngsten Tages. Die Menschen sollten Mond- und Sonnenfinsternisse als Warnungen verstehen und sich stets bewusst sein, dass alles in dieser Welt vergänglich ist. Sie sollten sich für das Jenseits bereitmachen, weil diese Sonnenfinsternis vielleicht nie mehr endet.

Auch auf anderen Gebieten lassen sich ähnliche Zeichen und Warnungen Allahs entdecken. Die tiefen Risse in der Erdkruste unseres Planeten sind ein Beispiel dafür. Allah kann das Leben Seiner Diener jederzeit nehmen, auch ohne diese ‚Fault Lines’ zu aktivieren, doch Er hält sie uns als Hinweise auf unser unausweichliches Ende vor Augen, damit wir wachsam sind und uns auf das Jenseits vorbereiten. Dies ist in der Tat eine Warnung Allahs. Und sicherlich sind dies nicht die einzigen göttlichen Warnungen. Fluten, Wirbelstürme, unheilbare Krankheiten und viele ähnliche Dinge gehören in diese Kategorie. Wie ein Dichter sagt:

„Der Tod ist auf mich zugekommen,

als Kopfschmerzen verkleidet ...“

Dabei möchten wir hier betonen, dass, wenn diese Dinge nicht wären, der Mensch dem Tode plötzlich und völlig unvorbereitet in die Arme liefe. Doch Allah der All-Barmherzige leitet Seine Diener mit Hilfe vielfältiger Erscheinungen, so dass sie sich der unausweichlichen Wirklichkeit bewusst werden und sich vorbereiten können, bevor die Würfel fallen. Nadr – möge Allah mit ihm zufrieden sein – berichtete:

„Eines Tages wurde es plötzlich dunkel. Ich lief zu Anas ibn Mâlik – möge Allah mit ihm zufrieden sein – und fragte ihn:

‚Ist so etwas jemals zu Lebzeiten des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – geschehen?’

Er antwortete: ‚Allah behüte! Wir pflegten schon in die Moschee zu laufen, wenn der Wind anfing, ein wenig stürmischer zu blasen.’“

Sie pflegten dies zu tun, weil das Gebet ein Schutzschild gegen viele Arten von Unheil und Schaden in dieser Welt, und ebenso gegen das Höllenfeuer, ist. Allah der Erhabene sagt:

O ihr Gläubigen, sucht Hilfe in der Geduld und im Gebet, wahrlich Allah ist mit den Geduldigen.“ (2:153)

Die Dynastie der Pharaonen in Ägypten ist in der Geschichte wohlbekannt. Sie war berühmt für ihre Tyrannei und ihren Hochmut. Auch zur Zeit des Propheten Ibrahim – Friede sei mit ihm – herrschte einer von ihnen. Dieser Pharao pflegte jede schöne Frau, die in sein Herrschaftsgebiet kam, festnehmen zu lassen, ihren Ehemann zu töten und sie für sich zu beanspruchen, wobei er, wenn sie einen Bruder hatte, diesen dazu zwang, der Heirat zuzustimmen.

Als der Prophet Ibrahim – Friede sei mit ihm – mit seiner Ehefrau Sarah nach dem Tode Nimrods die Stadt Urfa verlassen und die Grenze nach Ägypten überquert hatte, fragten ihn die Leute Pharaos, wer die Frau in seiner Begleitung sei. Ibrahim – Allahs Segen sei auf ihm – erwiderte, dass sie seine Schwester (im Glauben) sei, in der Hoffnung, durch diesen Schachzug der Härte des Gesetzes zu entgehen. Auf diese Antwort hin ließen sie Ibrahim frei, nahmen Sarah jedoch gefangen und brachten sie zum Palast. Imâm Bukhârî berichtet:

„Als Sarah im Palast ankam, vollzog sie direkt die Gebetswaschung und verrichtete zwei Gebetseinheiten. Sie suchte Zuflucht bei Allah und Allah nahm sich ihrer an.“

Als der Pharao sich erhob und sich ihr nähern wollte, geriet er in Atemnot. Dann wurde er plötzlich gelähmt, denn sie stand unter Allahs göttlichem Schutz. Aufgrund dieser Ereignisse geriet der Pharao in Panik und befahl, sie freizulassen. Darüber hinaus gab er ihr noch seine Sklavin Hâjar als Geschenk. Zu seinen Höflingen im Palast, die voller Staunen zusahen, sagte er:

„Diese Frau ist ein Jinn; wenn sie nur einen Moment länger hierbliebe, würde ich vernichtet. Darum habe ich ihr meine Sklavin Hâjar geschenkt, damit sie mir keinen weiteren Schaden zufügt.“

All dies war die Folge der zwei Gebetseinheiten, die Sarah verrichtet hatte!

Deshalb lehrte der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – seine Familienangehörigen, wann immer sie sich Schwierigkeiten oder Unheil gegenüber sahen, sich dem Gebet zuzuwenden und er rezitierte den Vers aus dem heiligen Qur’ân:

Und fordere die deinen auf zum Gebet und sei beständig darin. Wir verlangen keinen Unterhalt von dir, (sondern) Wir versorgen dich. Und der (gute) Ausgang ist (bedingt) durch die Gottesfurcht.“ (20:132)

Darüber hinaus hat uns der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – gelehrt, dass sich auch alle vorangegangenen Propheten, wann immer sie in Schwierigkeiten waren, dem Gebet zuwandten:

„Die früheren Propheten pflegten ebenfalls Zuflucht im Gebet zu suchen, wenn sie sich Prüfungen oder Unglück gegenübersahen.“[4]

Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – sagte auch:

„Allah steht dieser Umma wegen der Bitten, der Gebete und der Aufrichtigkeit der Schwachen unter ihnen bei.“[5]

Und Imâm Scha´rânî sagte:

„Ein Land, in dem die Leute kein Gebet verrichten, wird von Schwierigkeiten und Unheil heimgesucht und ein Land, in dem die Leute das Gebet verrichten, wird davor bewahrt. Niemand soll sagen ‚Ich verrichte mein Gebet und ob Andere es verrichten oder nicht geht mich nichts an!’, denn wenn eine Gemeinschaft von Übel oder Unheil befallen wird, trifft es Jeden von ihnen.“

Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – wurde einmal in dieser Hinsicht befragt:

„Werden wir vernichtet werden, obwohl rechtschaffene Leute unter uns sind?“

Und er antwortete:

„Ja, wenn das Schlechte Überhand gewonnen hat!“[6]

Deshalb ist es die Pflicht eines jeden Gläubigen, soweit er dazu fähig ist, das Gute zu gebieten und das Schlechte zu verwehren.

Andererseits besteht die einzige Möglichkeit, sich vor den Folgen achtlosen Handelns, welches göttliche Warnungen oder Unheil nach sich zieht, zu schützen, darin, am Gebet festzuhalten. Besonders vor den Folgen von Sünden kann man sich nur durch Reue und Gebet retten. Zu einem Sünder, der zu ihm gekommen war und gemeinsam mit ihm um Vergebung gebetet hatte, sagte der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:

Allah hat dir deine Sünden vergeben![7]

 

[1] Imâm Ahmad und Abû Dawûd

[2] Muslim, Kusuf, 29

[3] Nasâ’î und Abû Dawûd

[4] M. Zakariyâ Kandehlevî, Fadâ’il al-A´mâl, 249

[5] Nasâ’î, Jihâd, 43

[6] Muslim, Fitan, 1

[7] Bukhârî und Muslim