Das Hinabsteigen Allahs in den untersten Himmel

Das Hinabsteigen Allahs in den untersten Himmel, d. h. in den „Welthimmel“, zur späten Nachtzeit, um besonders die Bittgebete und Reue seiner Diener anzunehmen, wird in einem authentischen Hadith überliefert.[1]

Das Hinabsteigen Allahs bringt in dem Ausspruch des Propheten Seine besondere Zuneigung in der späten Nachtzeit zum Ausdruck und es hebt dadurch den besonderen Wert dieser Zeit hervor. In der Überlieferung werden für abstrakt-metaphysische Wahrheiten allgemeinverständliche, bildliche Darstellungen verwendet. Auch im Koran wird an zahlreichen Stellen auf die Wichtigkeit der Nachtzeit und der Gebete in dieser Zeit hingewiesen.[2] An dieser Stelle kann nicht detaillierter auf diesen Aspekt eingegangen werden. Es sei nur erwähnt, dass Allah besonders in der Ruhe der Nacht seine Diener mit einem schärferen Bewusstsein und bei erhöhter Konzentration, mehr als im täglichen Hin und Her, einlädt, um Ihn anzubeten, sich Seiner zu gedenken, Ihn um die Vergebung für Verfehlungen am Tag zu bitten, sodass die Nacht diese wie ein Tuch verhülle…

Dass diese Beschreibungen Gottes im Hadith nicht physikalisch verstanden werden können, versteht sich von selbst. Aus zwei Gründen:

Erstens: Da Gott mit Seiner Schöpfung keinerlei Ähnlichkeiten teilt[3], erhaben über jedes physikalische Konzept – wie Raum und Zeit - ist und auch als der Absolute Schöpfer nicht von einem Raum umfasst werden kann, der ja Selbst der Schöpfer dessen ist, wäre eine wortwörtliches Verständnis ausgeschlossen.

Zweitens: Aufgrund der Erdrotation ist abwechselnd auf bestimmten Gegenden immer Nacht. D. h. wenn wir den Hadith wortwörtlich nähmen, würde er inhaltlich der Logik widersprechen, denn es ist ja ununterbrochen Nacht, sodass von einem Hinauf- und Hinabsteigen keine Rede sein kann.

Konsequent und einleuchtend hat hier das Hinabsteigen eine metaphorische Bedeutung, nämlich die der besonderen Zuneigung Gottes in der Nachtzeit. Erwidert der Diener diese Geneigtheit, so kann auf den Menschen bezogen auch sinnbildlich gesagt werden, dass er sich in der Gegenwart Gottes befinde so wie das Gebet spirituell mit der Himmelfahrt verglichen wird.

Der islamische Monotheismus besitzt ein Grad der Abstraktion und Transzendenz bei der Darstellung Gottes, die eine Vermenschlichung Gottes nicht zulässt, aber zugleich die menschliche Sprache so gebraucht, dass die unendliche Nähe Gottes zu Seinen Dienern dennoch zum Ausdruck kommt.

 

[1] Bukhârî, (7494); Muslim, (758).

[2] Siehe Koran, 3:17; 51:15-18.

[3] Siehe Koran, 42:11.