Aspekte des Glaubensbekenntnisses

1. Aspekte des Glaubensbekenntnisses

Das Glaubensbekenntnis besteht aus zwei Teilen. Der erste beinhaltet die Bezeugung der Existenz und Einheit Allahs, der zweite bestätigt Muhammad – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – als Gesandten Allahs. Der Glaube wird in der Seele erst durch die gemeinsame Verinnerlichung dieser beiden untrennbaren Teile verwurzelt. Nur einer von ihnen ist deshalb unzureichend. Es ist wichtig, sich der untrennbaren Einheit dieser beiden Bestandteile des Glaubensbekenntnisses bewusst zu sein und die Wichtigkeit des Glaubens an das Prophetentum Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – zu erkennen.

In einem der Verse des heiligen Qur’ân heißt es dazu:

„Und wer Allah und Seinem Gesandten gehorcht, hat bereits gewaltigen Gewinn erlangt!“ (33:71)

Die Essenz des ganzen Universums, das als Ergebnis der Liebe Allahs, die Er Seiner gesamten Schöpfung und besonders den Menschen entgegenbringt, in Erscheinung trat, besteht aus dem Licht Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die Wirklichkeit Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – das Spiegelbild des Königreichs der Liebe. Das Licht der Liebe, welche die Schöpfung bestehen lässt, ließ Himmel und Erde in Erscheinung treten. Allah sprach den Propheten – Segen und Friede seien auf ihm – mit den Worten ‚O mein Geliebter!’ an und machte ihn so zum Höchsten aller Geschöpfe. So hoch ist die Stellung, die Er dem Propheten Muhammad – Segen und Friede seien auf ihm – verlieh, dass er dessen Namen gemeinsam mit dem Seinen erwähnt und auf der wohlbewahrten Tafel eingraviert hat, wo geschrieben steht:

‚Lâ ilâha illAllah Muhammadu r-Rasûlullah’

‚Es gibt keine Gottheit außer Allah, Muhammad ist Allahs Gesandter’

Adam – Friede sei auf ihm – bat, als er nach der Vertreibung aus dem Paradies auf die Erde geschickt wurde, Allah um Muhammads willen um Gnade und Vergebung, weil er dessen Namen im Himmel neben dem Namen Allahs geschrieben gesehen hatte. Daraufhin vergab Allah ihm und sagte:

O Adam, er ist der von Mir Meistgeliebte der ganzen Schöpfung. Wenn du bittest, bitte durch ihn. Ich habe dir jetzt vergeben, weil du Mich um seinetwillen gebeten hast. Wäre es nicht seinetwegen, Ich hätte dich nicht erschaffen![1]

Auch im heiligen Qur’ân bestätigt Allah die Ehrenstellung, Vorzüglichkeit und Erwähltheit, die Er Seinem Propheten Muhammad – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – verliehen hat:

Und Wir haben dir deine Erwähnung (deines Namens) erhöht!“ (94:4)

Manche Kommentatoren erklären die Bedeutung dieses Verses wie folgt:

O mein Gesandter! Dein Name wird mit Meinem gemeinsam in der Formel des Glaubensbekenntnisses erwähnt.

Das Glaubensbekenntnis beginnt mit den Worten ‚Es gibt keine Gottheit’ und damit werden alle anderen Gottheiten aus dem Herz verbannt.

Dies ist eine Befreiung und ein Schutz für das Herz vor den falschen Gottheiten, den Begierden und Wünschen, wie im Qur’ân beschrieben wird:

Hast du den gesehen, der seine eigenen Gelüste zu seiner Gottheit gemacht hat?“ (45:23)

Nachdem dann alle falschen Gottheiten aus dem Herzen entfernt wurden, folgen die Worte ‚außer Allah’. Dies bedeutet, dass der Palast des Herzens, der von allem anderen gereinigt wurde, erfüllt wird mit dem Licht Allahs.

Und durch die darauf folgenden Worte ‚Muhammad ist Allahs Gesandter’ wird die Liebe zum Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – im Herzen verankert.

Derjenige, dem die Geheimnisse dieses Bekenntnisses zuteilwerden, nimmt seinen Platz im Kreise derer ein, die Allah und Seinen Propheten lieben; er wird zu einem derer, denen die Stufe höchsten Glücks verliehen wurde.

Aus diesen Gründen ist im Islam das Glaubensbekenntnis, das Bezeugen der Einheit Allahs und die Anerkennung Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, Seines Gesandten und Dieners - diese eröffnende Bestätigung mit dem Herzen und der Zunge - die Voraussetzung zum Eintritt in den Glauben.

Unser Herr hat das Universum, den Qur’ân und die Menschheit allesamt entsprechend dem Ausdruck Seiner heiligen Namen und Eigenschaften erschaffen und sie, gemäß Seiner göttlichen Ordnung und Macht, in vollkommene Harmonie gebracht. Dies Universum, welches sich auf einer Reise von der Vorewigkeit in die Ewigkeit befindet, besitzt ein fein abgestimmtes Zusammenspiel und eine fehlerfreie Ordnung, es ist eine Schule, die uns die Lehre perfekter Einheit lehrt. Über dem Eingangstor zu dieser Schule der göttlichen Einheit hängt eine Tafel mit den Worten, die für jedes Teilchen im Himmel und auf Erden gelten:

„Fa´lam annahu lâ ilâha illAllah“ (48:19)

„So wisse, es gibt keine Gottheit außer Allah!’

Es gibt kein Teilchen im Universum, das nicht Seiner gedenkt und nicht Seine Allmacht widerspiegelt. Und es gibt eine Verbundenheit und Nähe zwischen dem Schöpfer und den Geschöpfen; jedem Teilchen wird, entsprechend seiner Kapazität, göttliche Liebe gegeben und der größte Anteil davon wird dem Menschen zuteil, weil er die Krone der Schöpfung ist.

Das menschliche Wesen ist mit gewaltigem göttlichen Wissen und spiritueller Wahrheit ausgestattet. Der Lehm aus dem es erschaffen wurde, ist gemischt mit dem Geist der Religion. Deshalb begann der Glaube an Allah mit dem Anbeginn der Menschheit und wird mit ihr, was den größten Teil betrifft, bis zum Jüngsten Tage weiterbestehen. Doch wird es auch immer eine Anzahl derer geben, die vom Übel der Gottlosigkeit befallen, in verstandloser Weise den Verlockungen ihrer weltlichen Gelüste und Begierden zum Opfer fallen und ihr Dasein auf das Materielle reduzieren. Im heiligen Qur’ân heißt es:

... Doch Allah wird Sein Licht vervollkommnen; auch wenn es den Ungläubigen zuwider ist“ (9:32)

Wenn der Edelstein des Gottesgedenkens im Herzen des Dieners seinen Platz einnimmt, betet der Diener nur noch Allah an und der Geist des folgenden Verses wird offenbar:

Gläubig sind wahrlich diejenigen, deren Herzen erbeben bei der Erwähnung Allahs.“ (8:2)

Dies ist das Zeichen, dass der wahre Glaube Form angenommen hat. Über die große Bedeutung dieser Angelegenheit sagte der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:

So wie ein Gewand alt und abgetragen wird, so wird auch der Glaube im Herzen alt und abgetragen. Deshalb erneuert euren Glauben mit dem Einheitsbekenntnis!

Wenn das Gottesgedenken nicht fest im Herzen verwurzelt ist, kann der Diener seinen Hang zu weltlichen Begierden nicht kontrollieren. Allah sagt über diese Menschen:

Hast du den gesehen, der seine Gelüste zu seiner Gottheit gemacht hat? Könntest du wohl sein Hüter sein?“ (25:43)

Das bedeutet, dass die Aussprache des Glaubensbekenntnisses uns vor dem Sumpf der weltlichen Gelüste bewahren und uns zu den edlen Charakterzügen des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – führen sollte. Ansonsten ist es unmöglich, daraus irgendeine Art von Nutzen oder Gewinn zu ziehen.

Es wird erzählt, dass einst ein Mann lebte, der zwar Muslim war, sich jedoch nicht an das Vorbild des Propheten hielt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden. Eines Nachts erschien ihm der Prophet im Traum – möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken –, zeigte jedoch keinerlei Interesse an dem Mann. Der Mann wurde sehr unruhig und fragte ihn: ‚O Gesandter Allahs, bist du unzufrieden mit mir?’

‚Nein!’ antwortete dieser.

‚Aber warum beachtest du mich nicht?’

‚Weil ich dich nicht kenne!’

‚Wie kann das sein, o Gesandter Allahs? Ich gehöre doch zu deiner Ummah und ich habe von den Gelehrten gehört, dass du jeden Einzelnen von deiner Ummah erkennst, so wie eine Mutter ihr eigenes Kind erkennt.’

‚Ja, das ist wahr. Jedoch erkenne ich an dir keinerlei Zeichen meines Charakters. Auch haben mich keinerlei Segenswünsche von dir erreicht. Du musst wissen, dass ich Jemanden in dem Maße als zu meiner Ummah zugehörig erkenne, wie er meinen Charaktereigenschaften folgt.’

Als der Mann erwachte, war er sehr bedrückt und bereute seine Sünden. Er bemühte sich von nun an darum, die Charaktereigenschaften des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – anzunehmen und sandte häufig Segenswünsche auf ihn. Eines Nachts sah er noch einmal den Propheten – Segen und Friede Allahs seien auf ihm – und diesmal sprach dieser zu ihm:

‚Nun erkenne ich dich und ich werde bei Allah Fürsprache für dich einlegen!’“

Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, erschaffen als Erhabenster aller Geschöpfe, ist der größten Liebe, Ehrerbietung und des höchsten Respekts würdig. Er ist der Freundlichste und Tugendhafteste von allen, der großzügigste und einzigartige Führer der Menschheit. Er war es, der eine Gesellschaft, die Neugeborene bei lebendigem Leibe im heißen Wüstensand begrub, in eine Gemeinschaft voller Mitgefühl und Barmherzigkeit verwandelte, indem er sie das Buch Allahs und Seine Weisheit lehrte. Ihn als allen anderen überlegen zu betrachten und unvergleichlich zu lieben ist ein Zeichen vollkommenen Glaubens. Der Prophet selbst – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – hat dazu gesagt:

Keiner von euch ist wirklich gläubig, bis ich ihm lieber bin als er selbst, seine Eltern, Frau und Kinder und die Menschen allesamt![2]

Dies ist eine ziemlich aufrüttelnde Aussage und beinhaltet zugleich eine starke Warnung: Denen, die fern seiner Liebe sind, bleiben die Wege spiritueller Erleuchtung und Weiterentwicklung verschlossen! Der Same der Liebe kann nur auf dem Boden der Liebe zu ihm sprießen. Sie ist der Quell der Segnungen der Seelen. Auf dem Boden der Liebe zu ihm erwachsen aus den Kristallen versteinerter Seelen Juwelen.

Die Propheten und Heiligen, die erfüllt sind vom Lichte Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, sind Zeugen für ihn, so wie der Mond durch sein Strahlen die Sonne bezeugt. Das ist der Grund, weshalb in jedem Herz, das sagt

‚Asch-hadu an lâ ilâha illAllah wa asch-hadu anna Muhammadan rasûlullah’

‚Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah und ich bezeuge, dass Muhammad Allahs Gesandter ist’,

ein göttliches Licht entfacht wird, das widerscheint, so wie ein Licht aus einem Spiegel strahlt.

Der Prophetengefährte Bilâl al-Habaschî, dem dieses Glück zuteilwurde, ist dafür ein gutes Beispiel:

Bilâl – möge Allah mit ihm zufrieden sein – war einsam, weil er niemanden hatte, der ihm beistand; es gab niemanden, mit dem er seine Sorgen hätte teilen können. Er war ein einfacher Sklave, doch eines Tages wurde ihm die Ehre zuteil, das Licht des Glaubens zu erfahren. Sein Glaube und sein Kampf darum, diesen Glauben zu bewahren, wurden später zu einem herausragenden Beispiel für zukünftige Generationen von Gläubigen.

Er begegnete dem Propheten – möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken – und trat ein in den Garten seiner Liebe. Es war, als wäre er mit seinem ganzen Wesen ein Teil des Propheten geworden – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden. Doch sein Besitzer, der fern des göttlichen Lichtes der Rechtleitung lebte, fesselte ihn auf dem glühenden Sand und folterte ihn. Gnadenlos peitschte er seinen nackten Körper aus. Seine Haut blutete aus vielen Wunden. Die ignorante Menge um ihn schrie:

„Du dreckiger Sklave! Kehre zurück zu unserem Glauben und rette dich!“

Und trotzdem rief Bilâl, wie mit der Stimme eines verletzten, brüllenden Löwen aus dem Meer des glühenden Sandes immer und immer wieder mit aller Kraft:

„Gott ist Einer! Gott ist Einer!“

Dies entfachte die unkontrollierbare Wut der aufgebrachten Menge noch mehr und sie schlugen noch heftiger auf ihn ein. Doch auch das reichte ihnen noch nicht. Sie banden einen Strick um seinen Hals und zogen ihn daran umher. In alledem suchte Bilâl seine Zuflucht in der Liebe zum Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – und es war, als spüre er gar nicht, was mit ihm geschah. Sein Herz war wie durchflutet von seiner Liebe zu Allah und Seinem Gesandten. Sein Herz war voller Glück, obwohl er in der äußeren Welt den schrecklichsten Qualen ausgesetzt war. Und er besaß nicht einmal eine Hütte, in die er sich hätte flüchten können.

Bilâls Liebe für den Propheten – Allah segne ihn und all seine Gefährten und schenke ihm und ihnen Frieden – erhob ihn aus der Sklaverei zur Stufe eines Sultans in den Herzen der Gläubigen. Er wurde der Gebetsrufer (Mu’adhdhin) des Propheten – Allahs Segen und Friede seien auf ihm -, der die Gläubigen fünf Mal täglich zum Gebet zusammenrief. Er liebte den Propheten so sehr, dass er, als er im Sterben lag, immer wieder sagte: „Freut euch! Freut euch! Ich eile zum Propheten! ...“

So müssen wir ernsthaft über die Worte des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – nachdenken:

Der Mensch wird (im Jenseits) mit dem sein, den er liebt![3]

Und wir müssen deshalb stets bemüht sein, unsere Lehre aus den folgenden Versen zu ziehen:

Und was euch der Gesandte gibt, das nehmt an; und was er euch verbietet, davon haltet euch fern. Und fürchtet Allah, wahrlich, Allah ist streng im Strafen.“ (59:7)

Der erste Teil des Glaubensbekenntnisses, des ersten Grundpfeilers des Islam, beinhaltet die Anerkennung der Dienerschaft gegenüber Allah. Der zweite Teil verleiht der Gefolgschaft gegenüber der Rechtleitung des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – Ausdruck, die wiederum Bedingung dafür ist, dass der Diener in rechter Weise seinem Herrn dienen kann.

Die folgenden Voraussetzungen sind nötig, damit dieses Bekenntnis seinen Platz im Herzen finden kann:

1. Das Herz muss mit seinem Herrn sein.

 Das wird möglich durch Gottesgedenken, so wie es im Qur’ân geschrieben steht:

   „... zweifelsohne finden die Herzen Frieden im Gedenken Allahs.“ (13:28)

 Das Wort ‚Herz’ bezeichnet hier nicht nur das physische Körperteil, ein Stück Fleisch, sondern das Zentrum der Empfindungen, welches die spirituelle Bedeutung des Wortes ‚Herz’ ausmacht. Und das Wort ‚Gedenken’, bedeutet nicht nur die Wiederholung der Namen Allahs in Worten, sondern die Wahrnehmung des Herrn durch das Herz. Nur so findet das Herz Frieden und kann sich spirituell entwickeln.

Die Herzen, die dieses Ziel bereits erreicht haben, sind ständig fasziniert von den Erscheinungen göttlicher Schönheit. Sie bewundern die Schönheit der Existenz und sind sich bewusst, dass all dies nichts anderes als der Ausdruck göttlicher Vollkommenheit ist.

2. Wachsende Liebe zum Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – im Herzen, die einhergeht mit Zuneigung zu denen, die dem Glauben zugewandt sind und Abwendung von denen, die ihm feindselig gegenüberstehen.

Liebe oder Zuneigung sind Voraussetzungen für aufrichtigen Glauben. Durch Zuneigung, Gottesdienst und rechtschaffenes Handeln wird das Leben des Gläubigen mit Freude erfüllt und gesegnet, so dass seine Art, die Existenz zu erfahren, sich positiv verändert. Er empfindet das Geheimnis der aufgehenden Sonne am Morgen und ihres Untergangs am Abend. Er kann die Sehnsucht des Künstlers, all dies in wunderbaren Gemälden zu verewigen, nachempfinden. Doch was ist mit dem ununterbrochenen Wechsel der Vielfalt der Farben, die sich jeden Augenblick des Tages verändern? ... Vielfarbige Veilchen, Lilien, Rosen ... Wie können sie aus der schwarzen Erde all diese Farben hervorbringen? Kurzgesagt, wer seine Augen, erfüllt vom Gefühl der Zuneigung, schweifen lässt und sich selbst und das Universum betrachtet, wird überwältigt sein von all den Wundern, die er dabei zu Gesicht bekommt.

Die größte Errungenschaft, nach der Annahme des Glaubens, besteht darin, sich einem spirituellen Training zu unterziehen, das einen weiter voran auf dem Weg der Liebe zu Allah und Seinem Propheten führt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden.

3. Das Zusammensein mit den rechtschaffenen Dienern Allahs und die Nachahmung ihres Beispiels im Gottesdienst und in der allgemeinen Lebensführung.

 Gemäß den Erkenntnissen der modernen Psychologie besitzen ‚energische Charaktere’ ansteckende Wirkung. Das heißt mit anderen Worten, Charaktereigenschaften sind ebenso von einem Menschen auf den anderen übertragbar wie Krankheitserreger. Die Prophetengefährten, die zuvor ein Volk von Unwissenden waren, verwandelten sich durch die Inspiration, Erleuchtung und spirituelle Energie, die sie im Kreise des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – erfuhren, zur tugendhaftesten Gemeinschaft der gesamten Weltgeschichte.

Und selbst Qitmîr, der Hund der Siebenschläfer (Ashâbu l-Kahf), erlangte eine segensreiche Stellung durch sein Zusammensein mit diesen frommen Menschen.

4. Freundlicher und mitfühlender Umgang mit allen Geschöpfen um ihres Schöpfers willen. 

Von all Seinen vielen Eigenschaften begegnet Allah Seinen Dienern am meisten durch die, die Seinen göttlichen Namen ‚der All-Gnädige’ und ‚der All-Barmherzige’ entspringen und inspiriert dadurch Seine Diener mit Barmherzigkeit. Wer seinen Herrn liebt, der behandelt auch Seine Geschöpfe freundlich und mit Liebe. Selbst das Töten einer gefährlichen Giftschlange sollte deshalb in einer Weise geschehen, die kein unnötiges Leiden verursacht.

All diese Dinge sind Ausdruck und Implikationen des Glaubensbekenntnisses, sie sind wie die Zähne des Schlüssels des Glaubensbekenntnisses, welches der Schlüssel zum Paradies ist.

Wahb ibn Munabbih wurde einst gefragt:

„Sind nicht die Worte ‚Lâ ilâha illAllah’ der Schlüssel zum Paradies?“

Da antwortete er:

„Ja, doch ein Schlüssel besitzt Zähne. Nur wenn du einen Schlüssel mit Zähnen hast, wird dir das Tor zum Paradies geöffnet. Andernfalls bleibt es verschlossen!“[4]

2. Die gewichtigsten Worte auf der Waage am Tage des Gerichts

Der Gesandte Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – hat gesagt:

„Wahrlich, am Jüngsten Tage wird Allah, vor den Augen aller, eine Person von meiner Gemeinde auswählen und 99 Hefter, die groß genug sind, dass jeder sie sehen kann, werden geöffnet werden und dann wird Allah sagen:

‚Kannst du irgendetwas von dem hier bestreiten? Haben meine schreibenden Engel dir Unrecht getan?’

Und diese Person wird sagen: ‚Nein, o mein Herr!’

Und Allah wird sagen: ‚Ja, und du hast auch Gutes, das in Unserer Sicht belohnenswert ist, zu Buche stehen. Siehe, dir wird heute kein Unrecht getan!’

Und ein Blatt, auf dem geschrieben steht:

Asch-hadu an lâ ilâha illAllah

wa asch-hadu anna Muhammadan rasûlullah’,

‚Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah

und ich bezeuge, dass Muhammad Allahs Gesandter ist’,

wird auseinandergefaltet werden und es wird gesagt werden:

‚Komm, mach’ dich bereit für den Richterspruch!’

Und diese Person wird sagen:

‚O mein Herr! Was soll dieses einzelne Blatt angesichts so vieler Hefter (die gegen mich aussagen) ausrichten?’

Und es wird ihm gesagt werden: ‚Siehe, dir wird heute kein Unrecht getan!’

Und die Hefter werden auf die eine Waagschale gelegt werden und das einzelne Blatt mit dem Glaubensbekenntnis auf die andere. Und das einzelne Blatt wird schwerer wiegen, denn nichts kann schwerer wiegen als der Name Allahs!“[5]

In einem anderen Hadîth heißt es:

„Das beste Gottesgedenken ist ‚Lâ ilâha illAllah’ und das beste Bittgebet ist ‚al-Hamdulillah’!“[6]

Das Einheitsbekenntnis ist die Wurzel des Glaubens und je öfter es wiederholt wird, desto fester und vollkommener wird der Glaube.

In einer weiteren Überlieferung heißt es:

„Der Prophet Mûsâ – Friede sei mit ihm – sagte: ‚O mein Herr, lehre mich etwas, womit ich Dich lobpreisen und anbeten kann’

Und Allah der Erhabene antwortete ihm: ‚Sag: ‚Lâ ilâha illAllah’!’

Da sagte Mûsâ: ‚O mein Herr, aber das sagen doch alle Deine Diener!’

Und Allah der Erhabene antwortete ihm wieder: ‚Sag: ‚Lâ ilâha illAllah’!’

Da sagte Mûsâ: ‚O mein Herr! Aber ich wünsche mir, dass Du mich etwas Besonderes lehrst!’

Da antwortete Allah: ‚O Mûsâ, wenn die sieben Himmel und die sieben Erden auf eine Waagschale gelegt würden und die Worte ‚Lâ ilâha illAllah’ auf die andere, würden diese Worte schwerer wiegen als sie alle zusammen!’“[7]

König Sulaymân – Allah segne ihn – kam einmal mit einer gewaltigen Armee von Jinnen und Menschen in eine Gegend, in der sich ein Tal voller Ameisen befand. Als der Anführer der Ameisen Sulaymân und seine Truppen herannahen sah, rief er den Ameisen zu:

„O ihr Ameisen, lauft zu eurem Bau, damit nicht Sulaymân und seine Armee euch ohne es zu bemerken zertrampeln. Die Herrschaft Sulaymâns ist gewaltig, ihr werdet zertreten werden, rettet euch in eure Bauten!“

Sulaymân, dem die göttliche Gabe zuteil geworden war, die Sprachen der Tiere zu verstehen, hörte diese Worte des Ameisenanführers und antwortete ihm:

„Nein, meine Herrschaft ist vergänglich und mein Leben in dieser Welt ist nur von begrenzter Dauer. Doch das Glück, das durch ein einmaliges Aussprechen des Glaubensbekenntnisses erlangt wird, währt ewiglich!“

Was das gemeinschaftliche Aussprechen des Glaubensbekenntnisses angeht, so erwähnt Tabarânî die folgende Überlieferung des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, die Imâm Ahmad von Schaddâd ibn Aus überliefert hat:

„Eines Tages versammelte der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – seine Gefährten und fragte: ‚Ist ein Fremder unter euch?’[8]

‚Nein, o Gesandter Allahs!’ antworteten sie.

Daraufhin befahl der Prophet – Allahs Segen und Friede seien auf ihm –, die Türen zu schließen und sagte:

‚Erhebt eure Hände und gedenket Allahs mit den Worten: ‚Lâ ilâha illAllah’

Und Schaddâd ibn Aus berichtet weiter, was in dieser Versammlung des Gottesgedenkens geschah:

„Wir gedachten Allahs mit den Worten ‚Lâ ilâha illAllah’. Dann sprach der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – folgendes Bittgebet:

‚O mein Herr, Du hast mich um dieser Worte willen als Deinen Gesandten gesandt. Du hast mir befohlen, sie zu verkünden. Du hast mir dafür, dass ich sie verkünde, das Paradies versprochen. Wahrlich, Du brichst Dein Versprechen nicht!’

Dann wandte sich der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – an seine Gefährten und sagte:

‚Passt auf, ich werde euch glücklich machen! Freut euch, denn Allah hat euch vergeben!’“

In einer weiteren Überlieferung heißt es:

Das Bekenntnis, dass es keine Gottheit außer Allah gibt, wird von Allah außerordentlich geschätzt. Es wird von Ihm als so wichtig betrachtet, dass Er dem, der wahrhaftig und aufrichtig diese Worte ausspricht, das Paradies gewährt. Wer es nur mit der Zunge, jedoch nicht von ganzem Herzen sagt, dessen körperliche Unversehrtheit und Besitz sind garantiert, doch im Jenseits wird er zur Rechenschaft gezogen.[9]

Und der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – hat auch gesagt:

Verkündet denen, die nach euch kommen, die gute Nachricht, dass Jeder, der aufrichtig und von Herzen bezeugt, dass es keine Gottheit außer Allah gibt, ins Paradies eingehen wird.[10]

Wer das Bekenntnis, dass es keine Gottheit außer Allah gibt, ausgesprochen hat, sollte sich von weltlichen Wünschen und Begierden, die ihn zur Achtlosigkeit verführen, fernhalten und bemüht sein, sich weiter zu entwickeln, bis sein Herz nur noch vom Lichte Allahs erfüllt ist. Dies kommt treffend zum Ausdruck in der tiefen Bedeutung der Worte ‚Wer sich selbst erkennt, erkennt seinen Herrn!’. Darin liegt ein Geheimnis verborgen, das zu verstehen von größter Bedeutung ist. Der Blick des All-Erhabenen ruht auf dem Herzen, das mit der Liebe Allahs erfüllt ist.

Einst bat einer seiner Schüler den Meister Abû Yazîd al-Bistâmî:

„Empfiehl mir eine Art von Gottesdienst, die mich Allah dem Allmächtigen näher bringt!“

Abû Yazîd empfahl ihm folgendes:

„Liebe die Auliyâ Allahs! Versuche ihre Herzen zu erobern, denn Allah schaut täglich 360-mal in ihre Herzen. So lass’ Ihn dich dort finden! ...“

3. Das Glaubensbekenntnis während des letzten Atemzuges

In der Lage zu sein, das Glaubensbekenntnis während des letzten Atemzuges auszusprechen, ist ein kostbares Geschenk des Schicksals und bedeutet größtes Glück. Die Worte sollten derart in unserem Herzen eingraviert sein, dass wir fähig sind, sie während unseres letzten Augenblicks zu sagen. Doch nur wenn wir konsequent gemäß den sich daraus ergebenden Notwendigkeiten leben, kann dieses Bekenntnis wirklich derart von unserem Herzen Besitz ergreifen. Wer unwissend bezüglich der Gebote Allahs sein Leben führt, befindet sich damit weit entfernt vom Glaubensbekenntnis und wenn er dieser Unwissenheit nicht ein Ende macht, wird diese Entfernung immer größer, so dass das Aussprechen des Glaubensbekenntnisses mit der Zunge allein ihm nichts mehr nützen kann. Dies kann zu großen Enttäuschungen führen. Wir sollten darum, im Interesse unserer ewigen Glückseligkeit, stets bemüht sein, unsere Lebensführung entsprechend der Bedeutung unseres Glaubensbekenntnisses auszurichten. Die folgende Begebenheit, die sich zu Lebzeiten des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – ereignete, ist in dieser Hinsicht beispielhaft:

‚Unter den Gefährten des Gesandten Allahs – Segen und Friede sei auf ihm und all seinen Gefährten – war ein frommer junger Mann namens Alqama. Er beklagte sich nie, wenn er um einen Dienst gebeten oder ihm eine Aufgabe gegeben wurde und der Prophet würdigte stets diese gute Eigenschaft. Als jedoch sein Tod nahte, war er unfähig, das Glaubensbekenntnis auszusprechen. Als der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, der ihn sehr gern hatte, davon erfuhr, begab er sich sofort zu ihm, um herauszufinden, was die Ursache dafür sei und fragte ihn, was geschehen sei. Der junge Mann antwortete:

‚O Gesandter Allahs, ich habe das Gefühl, als sei mein Herz mit einem Schloss verriegelt.’

Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – fragte herum, was es wohl für einen Hinderungsgrund für ihn geben könnte, das Glaubensbekenntnis auszusprechen. Als die Gefährten Erkundigungen einzogen, erfuhren sie, dass er seine Mutter schlecht behandelt hatte und sie voller Zorn auf ihn war. Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, der den jungen Mann wegen seiner Hilfsbereitschaft sehr schätzte, ließ die Mutter herbeirufen und fragte sie:

‚Wenn jemand ein großes Feuer entfachte und deinen Sohn hineinwerfen würde, wärst du damit einverstanden?’

Die Mutter antwortete voller Entsetzen: ‚Nein! O Gesandter Allahs, ich wäre damit nicht einverstanden!’

Da sagte der Prophet:

‚Wenn das so ist, dann solltest du ihm sein schlechtes Verhalten verzeihen und ihn von deinem Anspruch, den du als Mutter gegen ihn hast, befreien!’“[11]

Unter dem Eindruck der großen Barmherzigkeit und des überwältigenden Mitgefühls des Propheten – Allahs Segen und Friede seien auf ihm – für ihren Sohn verzichtete die leidgeprüfte Mutter auf ihr Recht und vergab ihrem Sohn, woraufhin dieser, von seiner Schuld befreit, wieder in der Lage war, das Glaubensbekenntnis auszusprechen und so seine Seele zu retten.

Es gibt viele ähnliche Beispiele, wie wir, ohne es zu bemerken, unseren Glauben und unser jenseitiges Leben in größte Gefahr bringen können. Hinter dem Glaubensbekenntnis verbergen sich der Qur’ân und die prophetischen Überlieferungen. Möge unser Herr uns vor Achtlosigkeit bewahren und uns in die Lage versetzen, im entscheidenden Moment das Glaubensbekenntnis aussprechen zu können, damit sich an uns die Worte des ehrwürdigen Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – erfüllen:

„Wessen letzte Worte (bevor er diese Welt verlässt) ‚Lâ ilâha illAllah’ sind, der geht ein ins Paradies!“[12]

4. Der große Fürsprecher: Das Glaubensbekenntnis

Das Glaubensbekenntnis dient in den Augen Allahs am Tage des Gerichts als großer Fürsprecher für Seine Diener. Es legt tatsächlich solange Fürsprache ein, bis der Diener gerettet ist.

Eine der edlen Überlieferungen besagt:

„Gegenüber dem göttlichen Thron gibt es im Himmel eine Säule aus Licht. Wenn ein Gottesdiener sagt ‚Es gibt keine Gottheit außer Allah’ beginnt diese Säule zu wanken. Daraufhin sagt Allah zu dieser Säule: ‚Steh still!’

Doch die Säule antwortet: ‚Dem Diener, der das Glaubensbekenntnis gesprochen hat, wurde noch nicht vergeben, wie kann ich also stillstehen?’

Und darauf sagt Allah der Erhabene: ‚Ich habe ihm in der Tat vergeben!’

Und die Säule steht still.“[13]

Ebenso hat der Gesandte Allahs gesagt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:

Für die Leute des Glaubensbekenntnisses gibt es weder im Grabe noch am Gerichtstag Angst oder Leid. Ich kann fast schon ihre Worte hören, wie sie sich aus ihren Gräbern erheben und die Erde von sich schütteln, während sie sagen: ‚Lobpreis sei Allah, der uns vor Sorge und Qualen bewahrt hat!’“[14]

Es gibt keine Gottheit außer Allah’ bedeutet, sich dessen ständig bewusst zu sein und es tief im Herzen zu spüren. Das Bekenntnis, dass es ‚keine Gottheit außer Allah’ gibt, ist, wenn es wahrhaftig und aufrichtig ausgesprochen wird, vorzüglicher als jede andere Form von Gottesdienst. Die Botschaften und Verkündigungen aller Propheten sind in diesem Bekenntnis beinhaltet. Es ist das Rückgrat einer jeden wahren Religion. Allah der Erhabene sagt:

Und Wir haben keinen Gesandten vor dir geschickt, dem Wir nicht offenbart haben: ‚Es gibt keine Gottheit außer Mir’, darum dient nur Mir“ (21:25)

Allahs Barmherzigkeit und Seine Bereitschaft, Seinen Dienern zu vergeben sind grenzenlos. Wie im Qur’ân erwähnt, mag er alle Sünden vergeben, außer der Anbetung Anderer neben ihm. Ebenso wird Er jedoch, wie in den prophetischen Überlieferungen berichtet wird, diejenigen strafen, die gegen Ihn rebelliert haben und sich weigern, das Bekenntnis Seiner Einheit auszusprechen. Und der Gesandte Allahs hat gesagt:

Wenn jemand das Glaubensbekenntnis spricht und nicht diese Welt der Religion vorzieht, wird ihn der Zorn Allahs nicht treffen. Wenn jemand jedoch diese Welt der Religion vorzieht, obwohl er sagt ‚Es gibt keine Gottheit außer Allah’, wird Allah zu ihm sagen: ‚Du bist nicht aufrichtig in dem, was du sagst!’“[15]

Abû Huraira – möge Allah mit ihm zufrieden sein – berichtete:

„Ich fragte einmal den Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm: ‚Wer wird am meisten Nutzen von deiner Fürsprache am Tag des Gerichts haben?’

Er antwortete: ‚Ich hatte erwartet, dass du der Erste sein wirst, der mich danach fragt, weil ich dein großes Interesse an meinen Worten kenne. Den größten Nutzen von meiner Fürsprache wird derjenige haben, der aufrichtig und von ganzem Herzen bekennt: ‚Es gibt keine Gottheit außer Allah’.’“[16]

Während der Schlacht von Uhud erschien ein Mann mit einem metallenen Visier vor dem Gesicht in der Gegenwart des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden –, um den Islam anzunehmen. Als er die Heftigkeit des Schlachtgetümmels bemerkte, fragte er den Propheten: „O Gesandter Allahs, soll ich erst am Kampf teilnehmen oder als Erstes das Bekenntnis der Einheit Allahs ablegen?“

Der Prophet – Allahs Segen und Friede seien auf ihm – sagte: „Lege erst das Glaubensbekenntnis ab, dann ziehe in die Schlacht!“

So tat Amr ibn Thâbit wie der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – ihm geheißen hatte und kämpfte dann tapfer auf Seiten der Gläubigen. Als der Gesandte Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – nach der Schlacht seinen Körper unter den Märtyrern erblickte, sagte er: „Wenig hat er getan, doch Gewaltiges hat er gewonnen!“[17]

5. Die Vorzüglichkeit des Glaubensbekenntnisses

Allahs Gesandter – Segen und Friede seien auf ihm – hat gesagt:

„Zwischen Allah und allem Erschaffenen gibt es einen Schleier, jedoch für das Bittgebet eines Vaters für seinen Sohn mit den Worten ‚Lâ ilâha illAllah’ gibt es keinen Schleier.“[18]

Man sagt, dass es fünf Arten von Dunkelheit gibt, denen fünf Arten von Licht gegenüberstehen:

„Liebe zu dieser Welt ist Dunkelheit; Gottesfurcht hingegen bringt Licht:

Sünde ist Dunkelheit; Reue ist das Licht, das diese Dunkelheit erhellt.

Das Grab ist Dunkelheit; häufiges Gottesgedenken mit den Worten ‚Lâ ilâh illAllah Muhammadu rasûlullah’ bringt Licht hinein.

Das Jenseits ist Dunkelheit; rechtschaffene Taten bringen im Jenseits Licht hervor.

Die Brücke, die ins Paradies führt, ist voller Dunkelheit; ein unerschütterlicher Glaube erhellt diese Brücke mit Licht.“

Wer diese Lichter in seinen Besitz bringen kann, erlangt ewige Glückseligkeit.

Und Allahs Gesandter hat gesagt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:

„Am Tag des Gerichts wird Allah befehlen: ‚Wer immer gesagt hat ‚Es gibt keine Gottheit außer Allah’, und in seinem Herzen auch nur so viel Glauben wie ein Atom besitzt, lasst ihn aus der Hölle frei! Wer immer gesagt hat ‚Es gibt keine Gottheit außer Allah’ oder sich an Mich erinnert hat, oder Mich irgendwie gefürchtet hat, lasst ihn aus der Hölle frei!’“[19]

Und der Prophet hat gesagt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:

„Wenn einer von euch seine Gebetswaschung durchführt und dann sagt: ‚Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Allah und ich bezeuge, dass Muhammad Sein Diener und Sein Gesandter ist’, so öffnen sich ihm die acht Tore des Paradieses und er kann eintreten durch welches er will.“[20]

Das Glaubensbekenntnis ist ein Licht, das im Herzen scheint und die Gesichter der Menschen erstrahlen lässt.

Der Prophet hat gesagt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden:

„Lehrt eure Kinder das Sprechen mit den Worten ‚Lâ ilâha illAllah’ und lehrt sie, im Angesicht des Todes zu sagen ‚Lâ ilâha illAllah’, denn wessen erste und letzte Worte in dieser Welt ‚Lâ ilâha illAllah’ waren, der wird für keine Sünde zur Rechenschaft gezogen, selbst wenn er tausend Jahre lebte.“[21]

Dennoch ist es von größter Wichtigkeit, dass dieses Glaubensbekenntnis auch die Zeit während unseres irdischen Lebens bestimmt, weil unser Zustand im Angesicht des Todes genau davon abhängt. So wird überliefert, dass der Prophet Ibrahim – Friede sei mit ihm – einmal den Todesengel fragte:

„O Azra’îl, Wie erscheinst du schlechten Menschen, wenn du ihnen ihr Leben nimmst? Ich möchte dich so sehen, wie sie dich sehen!“

Darauf sagte Azra’îl: „O Prophet Allahs, meinst du, dass du das aushalten kannst?“

Als Ibrahim – Friede sei mit ihm – sagte: „Ja, das kann ich!“ befahl der Engel ihm, sein Gesicht abzuwenden. Als Ibrahim sich ihm wieder zuwandte, hatte Azra’îl eine schreckliche, furchteinflößende Gestalt angenommen. Sein Anblick war so grausig und erschreckend, dass der Prophet Ibrahim – auf ihm sei der Friede Allahs – auf der Stelle das Bewusstsein verlor. Als er dann wieder zu sich kam und Azra’îl in der ihm gewohnten Gestalt erblickte, sagte er:

„Für einen Übeltäter reicht es schon aus, nur dein Gesicht anzuschauen und weiter nichts!“[22]

Einem wahrhaft Gläubigen, der sein ganzes Leben in Rechtschaffenheit verbracht hat, wird der Todesengel in einer ganz anderen als dieser schrecklichen und furchterregenden Form erscheinen.

In dieser Welt wird der Mensch vielfach geprüft. Wenn sein Glaube stark ist, besteht er die Prüfungen, wenn nicht, dann wird er versagen. Auf diesem Wege sehen sich die Menschen in ihrem Bemühen um aufrichtigen Gauben und Rechtschaffenheit vielen Unannehmlichkeiten, Leiden, Schwierigkeiten und Schmerzen ausgesetzt. In dieser Weise werden die Rechtschaffenen ausgewählt. Deshalb reicht es nicht aus, nur an Allah zu glauben, sondern es ist notwendig, ständig nach höheren Stufen zu streben, indem man seinen Glauben mit der Zierde guter Taten schmückt.

Im folgenden Qur’ânvers macht Allah der Allmächtige deutlich, wie eng der Glaube mit solchen Prüfungen verwoben ist:

„Meinen die Menschen, sie würden in Ruhe gelassen, wenn sie nur sagen: ‚Wir glauben’, und sie würden nicht geprüft? Und Wir haben schon die geprüft, die vor ihnen waren. So wird Allah gewiss diejenigen erkennen, die wahrhaftig sind, und gewiss wird Er die Lügner erkennen.“ (29:2-3)

Gemäß diesen Worten des heiligen Qur’ân ist der Glaube eine Gabe Allahs und die Prüfungen sind der Preis, den der Diener für die Bewahrung seines Glaubens zu zahlen hat. Allah verlangt, um Seinen Dienern den Wert ihres Glaubens klar zu machen, einen Preis, nämlich das Bestehen von verschiedenen, den Fähigkeiten des einzelnen angemessenen, Prüfungen.

So heißt es im edlen Qur’ân:

Allah hat von den Gläubigen ihr Leben und ihren Besitz erkauft, dafür dass ihnen das Paradies gehört...“ (9:111)

Deshalb muss man seine Seele, seinen Besitz, sein Herz und sein ganzes Wesen für die Sache Allahs hingeben, um wirklich vollkommenen Glauben zu erlangen. Die Schwierigkeiten, das Leid und die Schmerzen, die Gläubige in dieser Welt erdulden, werden als Kaufpreis für das, was sie im jenseitigen Leben als Lohn erwartet, angerechnet.

Im Gegensatz dazu werden die Anstrengungen der Ungläubigen, diejenigen zu verfolgen, die ein Leben in Übereinstimmung mit ihrer Religion führen wollen, sicher zu einem schmerzhaften Ende im Höllenfeuer führen. Sie verdienen die Hölle aus zweierlei Gründen: Zum einen weigern sie sich zu glauben, zum anderen tyrannisieren sie die Gläubigen.

Zusammenfassend können wir sagen, dass der Preis dafür, ein wahrhaft Gläubiger zu werden, darin besteht, das Herz frei zu halten von allen Anwandlungen, sich etwas anderem als Allah dem Allmächtigen hinzugeben. Das bedeutet eine ununterbrochene Bemühung darum, die Prüfungen, die uns begegnen, erfolgreich zu meistern. Ebenso ist es zwingend notwendig, dass wir uns vor all den Handlungen oder Verhaltensweisen hüten, die das Erlangen und Aufrechterhalten vollkommenen Glaubens gefährden. Uns nicht daran zu halten, kann uns augenblicklich in den Ruin stürzen oder zu Situationen führen, in denen jede Reue zu spät kommt.

6. Handlungen, die das Glaubensbekenntnis beschädigen

1. Auf andere als auf Allah vertrauen

 Allah der Erhabene sagt im heiligen Qur’ân:

„Wahrlich, Allah hat euch schon an vielen Orten zum Sieg verholfen - und am Tage von Hunain machte eure große Zahl euch stolz - doch sie nutzte euch nichts. Und die Weite der Erde wurde euch zu eng - da wandtet ihr euch zur Flucht.“ (9:25)

Das ist der Grund, warum der Diener sich an das Prinzip halten sollte:

‚Dir allein dienen wir und Dich allein bitten wir um Beistand’. (1:4)

2. Nichtbeachtung göttlicher Gebote und Verbote, um stattdessen den Wünschen des Egos zu folgen; Ungehorsam gegenüber Allah und Seinem Gesandten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden.

 Dazu sagt Allah der All-Weise:

   „Soll ich denn einen anderen Richter suchen an Stelle Allahs? Wenn Er es ist, der euch das Buch deutlich gemacht und herabgesandt hat? Und die, denen Wir das Buch gegeben haben, wissen, dass es von deinem Herrn mit der Wahrheit herabgesandt wurde, deshalb solltest du nicht zu den Zweiflern gehören. Und das Wort deines Herrn ist in Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit vollendet worden. Keiner vermag Seine Worte zu ändern, und Er ist der All-Hörende, der All-Wissende. Und wenn du den meisten derer auf der Erde gehorchst, werden sie dich weg vom Wege Allahs in die Irre führen. Sie folgen nichts als Vermutungen, und sie raten nur. Wahrlich, dein Herr weiß am besten, wer von Seinem Wege abirrt; und Er weiß am besten, wer die Rechtgeleiteten sind.“ (6:114-117)

   „O ihr Gläubigen, wenn ihr einer Gruppe derer, denen die Schrift gegeben wurde, gehorcht, so werden sie euch wieder ungläubig machen, nachdem ihr gläubig wart. Wie aber könnt ihr ungläubig werden, wo euch doch die Zeichen Allahs verlesen werden und Sein Gesandter unter euch ist? Und wer festhält an Allah, der wird auf dem rechten Weg geführt.“ (3:100-101)

   „O ihr Gläubigen, wenn ihr den Ungläubigen gehorcht, werden sie euch auf euren Fersen umkehren, und ihr werdet die Verlierer sein. Doch euer Beschützer ist Allah und Er ist der beste Helfer. Wir werden Schrecken in die Herzen der Ungläubigen werfen, weil sie Allah Gottheiten beigesellen, wozu Er keine Ermächtigung herabgesandt hat. Und ihre Wohnstätte wird das Feuer sein. Und wie übel ist die Heimstatt der Frevler! Und wahrlich, Allah hat schon Sein Versprechen euch gegenüber gehalten, als ihr sie mit Seiner Erlaubnis vernichtetet, bis ihr verzagtet und über die Angelegenheit in Streit gerietet und ungehorsam wurdet, nachdem Er euch gezeigt hatte, was ihr begehrtet. Einige unter euch verlangten nach dieser Welt und andere verlangten nach dem Jenseits. Alsdann kehrte Er euch von ihnen ab, um euch zu prüfen. Doch wahrlich, Er hat euch vergeben, denn Allah ist voll großer Gunst für die Gläubigen.“ (3:149-152)

 

[1] al-Hâkim, Mustadrak, II, 672 und Baihaqî, Dalâ’il, V, 488

[2] Bukhârî und Muslim

[3] Bukhârî, Adab, 96

[4] Bukhârî

[5] Tirmidhî

[6] Ibn Mâjah, Adab, 55; Tirmidhî; Nasa’î

[7] Nasa’î

[8] ‚Fremde’ heißt hier lt. Kommentar ‚Leute der Schrift’, d.h. Juden und Christen

[9] Jam´ al-Fawâ’id, I, 23

[10] Jam´ al-Fawâ’id, I, 18

[11] Tanbih al-Ghâfilîn, 123-124

[12] I. Canan, Kutub as-Sitta Mukhtasâr, II, 204

[13] al-Bazzar

[14] M. Zakariyâ Kandehlevî, Fadâ’il al-A´mâl , 478

[15] M. Zakariyâ Kandehlevî, Fadâ’il al-A´mâl , 481

[16] Bukhârî

[17] Mahmud Sami Ramazanoğlu, Uhud Gazvesi, 35

[18] Tirmidhî

[19] al-Hâkim

[20] Muslim, Tahara, 17; Abû Dawûd; Ibn Mâjah

[21] al-Baihaqî

[22] Mahmud Sami Ramazanoğlu, Ibrahim Aleyhisselam