Die Sunna Abrahams: Das Opfern (Qurban)

Das arabische Wort „Qurban", das - sei es materiell oder geistig (manevi)[1] - eine Vielfalt von Bedeutungen, darunter jede Art von Nähe und Verwandtschaft, verkörpert, steht in der religiösen Terminologie für alles, womit man Allah näher kommt. Es wird im Besonderen jedoch für das Schlachten von bestimmten Tieren zu einer festgelegten Zeit verwendet und hat als Gebet [bzw. Gottesdienst] das Ziel, Allah näher zu kommen.

Der Brauch der Opferung, der in früheren Religionen und Kulturen - wenn auch in anderer Form und mit anderen Zielen - angewandt wurde und einen wichtigen Platz in der Periode der Dschahiliya einnahm, wurde von negativen Eigenschaften wie Frevel, Schirk[2], Verschwendung, Tierquälerei und Verschmutzung der Umgebung gereinigt und wurde somit zu einem Pflichtgebet, welches materielle und soziale Eigenschaften vereinigt.

Mit dem Islam wurde der Brauch des Opferns der Araber der Dschahiliya entsprechend des Glaubens des Tawhid neu organisiert. Die Opferung wurde gemäß der Sunna von Abraham wiederbelebt und durch soziale Dimensionen bereichert.

Häufig beinhalten Gebetshandlungen sowohl soziale Elemente, als auch symbolische Handlungen, welche Pflicht sind und die Verbundenheit mit Allah ausdrücken. Obwohl die Opferung ein Pflichtgebet ist, steht der Nutzen für das Individuum und die Gesellschaft im Vordergrund. Der hauptsächliche Unterschied zwischen dem Qurban und dem Schlachten von Tieren alleine des Fleisches oder des Fells wegen ist, dass sich der Gläubige mit der Opferung dem Willen Allahs unterwirft und dessen Zustimmung erreicht. Dieses Ziel, welches der Sinn des Gebetes ist, wird nur erreicht, wenn man den vorgegebenen Regeln folgt. So gesehen beruhen das Wesen und die Formalität des Qurban auf religiöser Übermittlung. Das Verzehren des Fleisches, die Verwendung des Fells und der restlichen Teile des Tieres sind nicht Pflichten des Gebetes und können somit als Nutzen zweiten Grades, als die weltlichen Dimensionen und Bedeutung des Qurban gesehen werden.

Indem ein Gläubiger ein Tier opfert, drückt er damit aus, dass er dem Willen Allahs gehorcht und das Bewusstsein als „Knecht" (Kul) Allahs bewahrt hat. Was von ihm verlangt wird, ist nicht, dass ein Tier für Allah "verschwendet" wird, sondern, dass das Fleisch - beginnend bei den nächsten Verwandten - verteilt wird und somit einen Nutzen für die Menschen darstellt. Dies wird auch im Koran ausgedrückt, wo steht, dass nicht das Blut oder Fleisch des geopferten Tieres Allah erreicht, sondern die religiöse Demut, Gottesfurcht (Taqwa) des Opfernden. Qurban bedeutet gleichzeitig auch Dankbarkeit für die Gnade und den Segen Allahs. Bei jeder Opferung eines Tieres symbolisieren die Gläubigen, dass sie sich an die von Abraham und seinem Sohn erfolgreich bestandene Treueprüfung gegenüber Allah (auch im Koran erwähnt [al-Saffat 37/102-107]) erinnern und bereit sind, diese nachzuvollziehen.

Da die Gebetshandlung des Qurban nicht nur als soziale Solidarität und materielle Unterstützung gesehen werden kann und alle verschiedenen Formen des Gebetes einen unterschiedlichen Sinn und Bedeutung haben; wird es nicht als angebracht angesehen, dass anstelle des Tieropfers Geld gespendet oder den Armen Lebensmittel verteilt wird. Es ist auch nicht angebracht, anstelle des Opferns zu beten oder zu fasten.

Qurban beinhaltet den Geist der Gemeinschaft, gegenseitige Hilfe und Solidarität; das Opferfest ist ein Beitrag zu sozialer Gerechtigkeit. Es vermittelt den Wohlhabenden die Gewohnheit und die Freude des Helfens und des Teilens um Allahs willen; es schützt die Reichen vor Geiz und der Sucht nach weltlichen Gütern. Das Fest trägt auch dazu bei, dass die Armen durch die Gabe der Wohlhabenden Dankbarkeit empfinden gegenüber Allah. Sie fühlen sich so als ein Mitglied der Gesellschaft und hegen keinen Pessimismus und keine feindlichen Gefühle, welche durch bestehende Ungerechtigkeiten auf Erden hervorgerufen werden könnten.

http://derletzteprophet.info/die-sunna-abrahams-das-opfern-qurban (01.09.13)

 

[1] „Geistig" wird hier aus Mangel eines passenderen Ausdruckes gebraucht. "Manevi" kann geistig, ideell, moralisch bedeuten. Hier wurde "manevi" im Gegensatz zu materiell benutzt. "Mana" kommt aus dem Arabischen und heißt Bedeutung - deswegen kann hier manevi auch als die Dimension des Sinnes, der Bedeutung im Gegensatz zu allem Materiellen verstanden werden.

[2] Als Schirk wird jede (Gebets-) Handlung bezeichnet, welcher nicht die alleinige Absicht zugrunde liegt, Allah zu dienen, zu ihm zu beten.